Diakonie Wolfsburg zahlt Prämien an Teams mit vollem Impfschutz

24. November 2021

    Im Interview erklärt Vorstand Ralf-Werner Günther, warum diese Aktion eine Investition in die Zukunft ist.

    Das Unternehmen zahlt Prämien an alle Mitglieder der Teams, die bis Jahresende eine 100-Prozent-Impfquote erreicht haben – was genau steckt hinter dieser Aktion?

    Es ist der Versuch, mit einem Belohnungssystem eine hundertprozentige Impfquote in allen Bereichen zu erreichen, um mögliche Konflikte rund um eine etwaige Impfpflicht aus dem Unternehmen herauszuhalten.

    Was genau erhofft sich die Geschäftsleitung davon? Sollen Impfunwillige dazu motiviert werden, sich noch impfen zu lassen?

    Ja, genau. Wir wollen nicht Gefahr laufen, dass darüber diskutiert werden muss, wie das Virus in unsere Einrichtungen hereingekommen sein könnte. Es geht darum, die Schuldfrage von uns und der Arbeit unserer Teams fernzuhalten.

    Aus welchem Topf stammt das Geld, das nun in Form einer Prämie an die Mitarbeitenden ausgegeben werden soll?

    Wir investieren an dieser Stelle in die Zukunft unseres Unternehmens. Es ist, wenn Du so willst, eine rein strategische Entscheidung. Ich halte diese Investition für sehr sinnvoll. Es geht um den Schutz von Mitarbeitenden, Bewohnenden und Klienten.

    Ralf-Werner Günther, Vorstand Diakonisches Werk Wolfsburg e.V.

    Wäre es nicht Aufgabe der Politik, Aktionen wie diese zu starten und Anreize zu schaffen, um gerade in den sensiblen Bereichen unserer Gesellschaft, die Impfquoten zu erhöhen? Warum prescht das Unternehmen hier voran?

    Das ist eine sehr persönliche Frage, weil es an dieser Stelle um eine Beurteilung der politischen Lage in unserem Land geht. Ich halte das derzeitige politische Vorgehen hinsichtlich der Bewältigung der Corona-Pandemie nicht für sehr zielführend. Daher sind wir, bin ich, der Meinung, dass wir hier selbst die Initiative ergreifen müssen.

    Erneut ist der Diakonisches Werk Wolfsburg e.V., als regionaler Träger von Alten- und Jugendhilfeeinrichtungen und etlichen Beratungsstellen, schneller als das politische Regelwerk – so, wie auch zu Beginn der Pandemie, als die Diakonie Wolfsburg ein Besuchsverbot für seine Pflegeeinrichtungen verhängt hatte, bevor es offizielle Pflicht war. Wie sehr schmerzt es Dich als Vorstand, dass sich immer noch Menschen in unseren Einrichtungen infizieren, zum Teil erkranken oder auch an den Folgen einer Corona-Infektion versterben?

    Das ist eine sehr bittere Situation. Das muss man ganz klar so sagen. Da hilft es auch nichts, dass wir immer wieder darauf hinweisen, dass Menschen bei uns leben, die durch ihr fortgeschrittenes Alter oder Vorerkrankungen bereits beeinträchtigt sind. Wir möchten einfach, dass diese Pandemie ein Ende hat. Die Impfung ist der beste Weg dahin.

    Welchen Beitrag können und müssen wir leisten in dieser Phase der Pandemie? Tun wir deiner Einschätzung nach schon alles, was in unserer Macht steht?

    Wir sind ein Unternehmen mit einer professionellen Ausstattung. Damit meine ich zunächst unsere professionell ausgebildeten Mitarbeitenden in ihrer täglichen Arbeit. Die wissen, was sie tun. Wir überprüfen das regelmäßig in unzähligen Audits unseres Qualitätsmanagements. Wir wissen, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in hervorragender Art und Weise agieren und alle Vorgaben einhalten. Die Hygienevorschriften passen wir immer den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen an. Mehr können wir nicht tun.

    Wenn diese Pandemie eines Tages vorbei ist (vielleicht nie ganz), dann werden wir uns als Gesellschaft, aber auch wir uns als Unternehmen stark verändert haben. Welche Punkte sind aus Deiner Sicht in diesem Veränderungsprozess zentral?

    Wir haben dann etwas erlebt und durchgestanden, was in einem Menschenleben hoffentlich nur einmal vorkommen wird. Eine pandemische Lage mit Ausgangsbeschränkungen, mit Besuchsverboten und Vorschriften zu Kontaktreduzierungen ist völlig neu für uns in dieser Dimension. Das wird uns prägen. Für unsere Teams kam das Sterben in einem so nie dagewesenen Erleben hinzu. Zudem kam eine Distanz in die Pflege, Nähe war plötzlich ein Risiko. Wir haben auf der anderen Seite ganz neue Aspekte in der Arbeitsorganisation kennengelernt, beispielsweise die Digitalisierung. Das eröffnet Chancen. So bleibt wieder mehr Zeit für Pflegetätigkeiten, da Zeit ein großer Faktor ist. Die ganzen Sicherheitsmaßnahmen kosten viel Zeit, so etwa die Testungen. Mit der Digitalisierung machen wir an dieser Stelle manches wett. So bleibt hoffentlich mehr Zeit für die Pflege am Menschen.

    Was kann uns Hoffnung geben in dieser Phase der Pandemie?

    Wir haben als Unternehmen gelernt, dass wir zusammenstehen in einer Krise. Die Erfahrung des gemeinsamen Durchstehens dieser Pandemie hat unser Zusammengehörigkeitsgefühl verstärkt und damit unsere Zusammenarbeit verändert. Unser Führungsprinzip „Wir zusammen“ hat einen ganz anderen Stellenwert und eine neue Ausprägung erfahren. Gleichzeitig haben wir gelernt, dass wir unsere Einrichtungen pandemiesicher und krisensicher machen müssen. Diese Erfahrungen fließen in neue Konzepte und Bauprojekte ein. Als erstes Beispiel, ist hier das Hanns-Lilje-Heim zu nennen. Das erdenken wir gerade komplett neu. Mit dem Neubau wollen wir 2023 beginnen.